Veredler der Warmblutzucht

 

© Otmar Beyer de Béhaux

 

Keine Warmblutzucht kommt ohne den ständigen, aber dosierten Zufluss von Veredlerblut aus ! Als Veredler werden zwei Rassengruppen unterschieden, der englische Vollblüter und die araberblutführenden Rassen, wobei letztere Gruppe wieder unterteilt ist in Vollblutaraber und Anglo-Araber.

Der englische Vollblüter und der Vollblutaraber sind zwei Rassen, die seit Jahrhunderten in Reinzucht gezogen werden. Diese Reinzucht ist nur durch eine drakonische Selektion der Vatertiere und der Stuteneliten möglich.

Das englische Vollblut entstand, von den "Royal Mares' ausgehend, durch die Einkreuzung von Orientalen und Arabern. Die Vererber mussten ihre Fähigkeiten auf der Rennbahn unter Beweis stellen, bevor sie zur Zucht eingesetzt wurden. Der englische Vollblüter ist also rein auf Rennleistung gezogen. Je früher er diesen Zweck erfüllt, je höher wird er (heute) geschätzt.

Allgemein gesehen ist es ziemlich gefährlich, den ursprünglichen Verwendungszweck einer Rasse bei der Ankörung ausser Acht zu lassen. Trotzdem beweisst die Zuchtgeschichte, dass der Verwendungszweck einer Rasse nur eine untergeordnete Rolle spielt, entschieden wichtiger sind die Abstammung und das Exterieur der anzukörenden Hengste.

Das Generalausgleichgewicht - GAG -, berechnet von der Rennleistung, spielt, leider, auch heute noch ein wichtige Rolle bei der Ankörung. Es ist jedoch mehr als zweifelhaft, ob eine Mindestrennleistung in der Warmblutzucht, die ja auf Rittigkeit und Dressur- oder Springveranlagung aufbaut, eine Bedeutung besitzt. Bekannte Beispiele sind Ladykiller, Starvererber der Holsteiner, der nur einen halben Punkt über dem MindestGAG lag, oder auch Cottage Son, dem die Rennbahn fremd war. Trotzdem kann man sich die Holsteinerzucht ohne diese beiden Hengste nicht vorstellen.

Das zu Reit- und Sportzwecken zuziehende Warmblut

Die Warmblutzuchten entwickelten sich im Laufe des 20. Jahrhunderts aus den Landespferdzuchten. Die Landespferdzuchten hatten alle als Zuchtziel ein in der Landwirtschaft einsetzbares schweres Warmblutpferd, das oft in seinen edleren Exemplaren als Reitpferd verwendbar war. Die Armeen waren der zweite Grossabnehmer für entweder Artellerie- und Stangenpferde und Remonten. Mit der zunehmenden Motorisierung ging die Verwendung des Pferdes als Helfer in der Landwirtschaft zurück. Die Armeen fielen später als Abnehmer auch aus, in Deutschland durch die Reduzierung der Streitkräfte noch mehr als durch die in Europa allgemein vorherrschende Tendenz der Motorisierung auch der Armeen. Man musste also das Zuchtziel neu definieren und Möglichkeiten suchen den damals aktuellen Pferdetyp dem neugewünschten Pferdetyp anzunähern. Dies war nur möglich durch eine scharfe Selektion in den Stutenstämmen und der gleichzeitigen Verwendung von Hengsten, die das Modell der Stuten reduzierten und leichter machten. Hierzu boten sich die oben genannten Rassen bestens an, da sie alle entschieden leichter waren als die typischen Vertreter der Landespferdzuchten.

Das neue Zuchtziel hiess in allen Zuchtgebieten das Reit- und Sportpferd. Es unterscheidet sich vom alten Typ durch einen kleineren Rahmen und Modell, eine besser gelagerte und längere Schulter, ein kleineres Fundament, einen kleineren und schöneren, das heisst edleren Kopf, vor allem jedoch durch eine weniger hohe Knieaktion. Der Charakter sollte dabei aber nur unbedeutend verändert werden, da jeder Reiter mit einem solchen Pferd umgehen können sollte.

Und genau hier setzt das Dilemma der Zuchtleitung an. Den idealen Veredler gibt es nicht. Man muss bei den postiven Punkten der einzelnen Veredlerrassen auch die negativen Punkte mit akzeptieren. So nahm dann die Entwicklung in den verschiedenen Zuchtgebieten einen anderen Verlauf.

Das englische Vollblut

Die bedeutenste Veredlerrasse ist ohne jeden Zweifel das englische Vollblut. Er ist, obwohl auch als Reitpferd verwendet, rein auf Rennleistung gezogen, was sich in seinem Äusseren niederschlägt. Man kann dabei zwei Vollbluttypen unterscheiden, den frühreifen, relatif kleinen Sprintertyp und den kräftigeren, grösseren, aber auch spätreiferen Stehertyp, der auch sehr oft in Hindernissrennen eingesetzt wird. Die Entwicklung tendiert immer mehr zum ersten Typ. Durch die einseitige Selektion, die eine Modellbeurteilung zwar nicht ausschliesst, jedoch total unterbewertet, konnten sich gravierende Exterieurfehler, die jedoch die Rennkapazität nicht beeinflussten, festsetzen. Darum ist eine Exterieurbeurteilung, die fehlerhafte Hengste rigorös ausschliesst, eine entscheidende Frage bei einer Verwendung in der Warmblutzucht. Gleichzeitig müssen die charakterlich bedenklichen Hengste genauso ausgeschlossen werden, wie Hengste mit Temperamentfehler. Unter diesen Bedingungen ist der Vollblüter der ideale Veredler, da er fast immer den Rahmen der schweren Stuten korrigiert. Weitere gesuchte Qualitäten sind eine Verlängerung der Schulter und des Rückens, eine bessere Sattellage, ein stärker prononcierter Widerrist, eine abfallende, relativ lange Kruppe, einen edleren, das heisst kleineren Kopf mit weniger starken Ganaschen und mehr Leistungsbereitschaft und Ehrgeiz. Nicht vergessen darf man aber auch die Nachteile, die der Vollblüter gerne mitgibt wie z. B. ein schlechtes Fundament, wenig Trabbewegung und Schritt, kleine, unbedeutende Gelenke, Empfindlichkeit etc.

Die F1-Generation hat oft diese Eigenschaften vom Vater geerbt. Bei entsprechender Anpaarung werden diese dann auch erhalten bleiben. Besonders gesucht sind natürlich Hengste, die einen gewissen Typ mitgeben und der sich auch über mehrere Generationen erhält.

Die Leistungsvererbung steht jedoch auf einem anderen Blatt. Sie ist ein recht zweischneidiges Schwert, da sie oft verkannt wird. Bekannte Beispiele sind Korenbleem und Sacramento Song. Der Vererbung dieser beiden Hengste wurde nicht die ihr zukommende Bedeutung beigemessen. Korenbleem taucht erst in den letzten Jahren immer öfter in den Pedigrees von Leistungspferden auf und Sacramento Son ist heute in den Stammbäumen eine gesuchte Referenz. Weiterhin muss beachtet werden, dass Leistungsvererbung auch von einem Hengst in der 2. oder 3. Generation ausgehen kann, wie uns das Beispiel von Cottage Son zeigt. Die aus den hinteren Generationen kommende Leistungsvererbung kommt natürlich erst dann voll zum Tragen, wenn die Nachkommen entsprechend angepaart werden. Dem Blutanschluss, ob durch Inzucht, Linienzucht oder wirkllich nur Blutanschluss, wird dabei meistens nicht genug Bedeutung beigemessen. So liegt die Bedeutung der Anpaarung Cor de la Bryère x Cottage Son sicher im Vorhandensein von gemeinsamen Ahnen, die jedoch in der 6. oder 7. Generation stehen. Viele, im Nachhinein als gute Vererber erkannten Hengste, gingen durch das Nichterkennen, bzw Zuspäterkennen, der Leistungsvererbung der Zucht verloren.

Ein weiterer Punkt ist die eigene Vererbung des Hengstes. Sie kann sich in bestimmten Stutentypen ausdrücken oder sogar in Rassen. So war Anblick, einer der wichtigsten Hengste für die Umzüchtung des Holsteiners und der erste erfolgreiche Vollbluthengst mit grossem Zulauf in diesem Zuchtgebiet, recht erfolglos in Hannover, wo er vorher deckte. Marlon, das Vollblut mit Dressurvererbung, passte nur auf schwere Stuten, da seine Nachkommen sonst zu leicht wurden. Mit diesen schweren Stuten lieferte er jedoch den fast perfekten Halbblüter, der die Eleganz und den Schmelz des Vater mit der Ausgeglichenheit und Gutmütigkeit der Holsteiner Stuten verband. Weiterhin besassen diese Halblüter die Galoppbewegung des Vaters und einen durch den Vollblutvater korrigierten Trab. Ladykiller hingegen brachte seine besten Produkte mit schon veredelten Stuten, wie Landgraf (Anblickurenkel) und Lord (Cottage Son Enkel) beweisen.

Privathengsten, wie es ja bei Sacramento Song der Fall war, kommt, in Zuchtgebieten mit Verbands- oder Staatshengsthaltung, eine bedeutend kleinere Bedeutung zu als in Zuchtgebieten mit reiner oder vorwiegender Privathengsthaltung. Hier trifft man dann auf das Problem der Preisgestaltung der Deckakte. Vielleicht wäre ein Höchstdeckgeld für alle neuangekörten Veredler die Lösung.

Die Hengstlinien belegen, dass das engl. Vollblut mit grösserem Erfolg als Veredler eingesetzt wird als araberblutführende Rassen. So gehen die grossen Hengstlinien Holsteins alle auf einen Vollblüter zurück. Die Ramzeslinie ist in Holstein fast bedeutungslos geworden. Aber auch die bekanntesten Linien Hannovers, Oldenburgs, Westfalens und der Trakehner gehen alle auf ein Vollblut zurück.

Leider müssen sich die Zuchtgebiete bei den Veredlern auf ein Lotteriespiel einlassen, da keiner, auch kein Experte, im Stande ist, die Vererbung eines Hengstes in einer gewissen Rasse vorauszusagen. Das Beispiel Holstein belegt diese Tatsache. Seit Kriegsende sind weit mehr als 50 Vollbluthengste, mit unterschiedlich langen Deckzeiten, in der Zucht eingesetzt worden. Die Erfolge lassen sich jedoch an einer Hand abzählen. Selbst wenn man die durchschnittlich guten hinzuzählt kommt man nur auf ca 20%. Die erfolgreichen Hengste sind Anblick, Cottage Son, Manometer, Marlon, Ladykiller, Sacramento Song. Zu den leicht überdurchschnittlichen kann man Nevado, Nautilus, Waldenser, Wanderfalk, Frivol, Reinald, Sable Skinflint, Korenbleem und Tin Rod zählen. Der Rest ist entweder unterdurchschnittlich in der Leistungsvererbung oder konnte sich in der Zucht nicht durchsetzen und spielt deshalb keine Rolle mehr im Zuchtgeschehen. Der massive Vollbluteinsatz brachte den Holsteiner den Ruf von Gradwanderern ein, da die Zuchtleitung fast gleichzeitig alle Schotten gegen Trakehner abdichtete. Sie waren die Ersten und sind die Einzigen, die diese Massnahme bis heute fortführen. Erst das beginnende siebte Jahrzehnt sah eine andere Veredlerrasse, den Selle Français, der in seinem Holsteiner Paradebeispiel Cor de la Bryère jedoch auch sehr hoch im Vollblut steht.

Zur Zeit sehen sich die Züchter wieder einmal einem Ansteigen der Veredlerkörungen gegenüber. Da in vielen Zuchtgebieten die Veredlerdeckungen in den 80iger Jahren stark zurückgegangen sind, sieht man heute immer öfter Pferde, die den Erhaltertyp repräsentieren, das heisst, ein zwar noch modernes Pferd mit guten Linien, jedoch schwerer als der Idealtyp, dem man in den 70iger und zu Anfang der 80iger Jahre oft begegnete. Krassestes Beispiel ist die Abstammungslimitierung für einen Starvererber wie den Holsteiner Capitol, dem nur Stuten mit wenigstem einen Vollblut oder Corde in mindestens der 2. Generation zugeführt werden können, da sonst die Produkte unmodern, das heisst zu schwer werden.

Dramatisch wird dies jedoch durch die Lage auf dem Pferdemarkt, da nur überdurchschnittliche Pferde ein Geschäft erhoffen lassen und die Veredlernachkommen dabei kaum Chancen haben, da ihre Väter erst zu kurz im aktiven Deckeinsatz stehen, um eine positive Leistungsererbung erkennenzulassen. Jeder Züchter wird es sich also zweimal überlegen, ob er seine Stute zu einem Vollbluthengst schickt, dessen Vererbung er nicht kennt, oder zu einem Holsteinerhengst, der zwar vielleicht etwas zu schwer für die Stute ist, aber einen guten Typ vererbt und dessen Leistungsvererbung bekannt ist. Aber man kann dieses Verhalten einem Züchter, der seine Produkte verkaufen will, kaum übelnehmen. Dies ist jedoch eine Milchmädchenrechnung, die der Zucht nicht hilft, sondern vielmehr den Zuchtfortschritt verhindert.

Araberblutführende Veredler

Neben dem englischen Vollblut erfüllt eine andere Pferdegattung die Veredlerfunktion : die araberblutführenden. Unter dieser Bezeichnung werden verschiedene Rassen zusammengefasst :

1. der reine Araber,

2. der Anglo-Araber,

3. der Trakehner.

ý zu 1) : Der Araber wird in seinem Hochzuchtgebiet, der arabischen Halbinsel, seit Jahrhunderten in Reinzucht gezogen. Alle Araberzuchtbücher der Welt sind geschlossen und nehmen nur Nachkommen von schon eingetragenen Pferden auf. Die Reinzucht bedingt eine rigoröse Selektion der Vatertiere und der Stuteneliten, was durch die widrigen Naturbedingungen aber schon fast einer natürlichen Auslese nahekommt.

ý zu 2) : Der Anglo-Araber ist, wie sein Name schon sagt, ein Kreuzungsprodukt zwischen englischen Vollblütern und Vollblutarabern. Der Mindestanteil jeder der beiden Ausgangsrassen muss wenigstens 25% betragen. Anglo-Araber werden auf der ganzen Welt gezogen, jedoch sind die Eintragungsmöglichkeiten nicht überall die gleichen. Normalerweise dürften nur Pferde eingetragen werden, die wirklich ausschliesslich entweder von Arabern oder Vollblütern abstammen, jedoch kennt beispielsweise das deutsche AA-Zuchtbuch eine Kategorie 'Halbblut'.

Dies ist z.B. nicht der Fall in Frankreich. Der französisch Anglo-Araber ist vielmehr dem Trakehner eng verwandt, zumindest vom Kreuzungsprinzip her. Er entstand, als im 19. Jahrhundert verschiedene Gestütsdirektoren ein französisches Vollblut schaffen wollten und dazu Araber, englische Vollblüter und die im Südwesten Frankreichs beheimateten, bodenständigen, jedoch stark arabisch geprägten Rassen kreuzten. Prinzipiell können nur Anglo-Araber-, Vollblut- und Araberhengste in dieser Rasse decken.

Allen Anglo-Arabern ist gleich, das der Name gefolgt wird von einer Prozentzahl, die den Anteil arabischen Blutes ausdrückt.

ý zu 3) : Der Trakehner entstand durch ein königliches Dekret zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Ausgangsrassen waren der bodenständige Schweike, und arabische und englische Vollblüter. Das Trakehnerzuchtbuch ist geschlossen, besitzt jedoch einen Anhang, in dem Araber- und Vollblutstuten eingetragen werden können, die zur Trakehnerzucht zugelassen sind. Hengste, die im Trakehner decken sollen, können nur Vollblüter, arabische oder englische, Trakehner oder Anglo-Araber sein.

Alle araberblutführenden Rassen sind Allzweckpferde, die man sowohl im Rennen (Halbblutrennen, Hindernisrennen) als auch im Springen und in der Dressur einsetzen kann. Sogar im Fahrsport werden sie eingesetzt. Besonders glänzen sie jedoch in den Sportarten, wo Spezialisten weniger gefragt sind, wie in der Vielseitigkeit. Hinzukommt in dieser Sportart noch, dass die Geschwindigkeit ein nicht zu unterschätzender Faktor geworden ist.

Alle diese Rassen haben das Reitpferd als Zuchtziel. Vollblutaraber werden oft auf Schönheit oder Rennleistung gezogen. Die Anglo-Araber werden oft in Rennen eingesetzt und der franz. Anglo-Araber besitzt sogar einen eigenen Rennindex. Der Trakehner war seit seiner Schaffung das Reitpferd par excellence.

Die araberblutführenden Rassen treten seit einigen Jahrzehnten immer stärker als Veredler in den Vordergrund, da sie prinzipiell die Qualitäten des englischen Vollblüters mit denen des Arabers vereinigen, ohne jedoch deren Nachteile zu besitzen.

Der Vollblutaraber wird wegen seiner kurzen Linien, seines sehr leichten Modells und seiner schlechten Springvererbung nur noch relativ selten als Veredler eingesetzt. Ausnahmen, die jedoch auf der Individualität der eingesetzten Hengste beruhen, bestätigen diese Regel. Das stark abschreckende Beispiel des Untergangs der ostfriesischen Zucht ist wahrscheinlich mit ein Grund hierfür. Auf der anderen Seite werden die Qualitäten, sein hervorragender Charakter und seine Genügsamkeit immer noch geschätzt.

Der Trakehner wurde und wird immer noch als Veredler benutzt. So geht eine der bedeutensten Hengstlinien Hannovers, die A-Linie, auf einen Trakehner zurück. Auch alle anderen Zuchtgebiete, mit Ausnahme Holsteins, benutzen noch Trakehner zur Veredlung. Sie besitzen alle Qualitäten, die auch die Anglo-Araber besitzen.

Die Anglo-Araber vereinigen die Qualitäten, aber auch die Nachteile ihrer Ausgangsrassen. Sie werden eingesetzt zur Verbesserung der Schulter, des Rückens, des Widerrists und des Kopfes, zur Reduzierung des Modells und des Fundaments, zur Vergrösserung des Galopps und zur Verkleinerung der Trabaktion. Als psychische Verbesserung kann man mehr Willen, mehr Ehrgeiz und eine härtere Konstitution anführen. Auf der Negativseite muss man jedoch Charakter- und Temperamentsfehler aufführen, genau wie auch die körperlichen Qualitäten nicht unbedingt mitgegeben werden.

In der Praxis sieht es meist so aus, dass die F1-Generation stark vom Vater geprägt ist und dadurch die Schönheit und den Charm, kurz den Schmelz der Anglo-Araber, mit den Qualitäten der Warmblüter verbindet. Leider wird diese positive Vererbung nicht oder nur stark verwässert weitergegeben. Bestes Beispiel ist der Zuchteinsatz von Ramzes AA, der sowohl in Holstein als auch in Westfalen eine Hengstlinie aufbauen konnte. Die gekörten Söhne der ersten Generation waren oft qualitätsvolle Vatertiere, die jedoch dem Zuchtfortschritt nichts, bzw nur wenig brachten. In Holstein sind Rigoletto und Roman ohne nennenswerte Nachkommen verstorben, zeigen jedoch beide eine gute Vererbung, wenn sie auf mütterlicher Seite in den hinteren Generationen auftreten. Der bedeutenste Ramzesnachkomme, sein Enkel Ramiro, erinnert vielmehr an seinen zweiten Grossvater, Cottage Son xx, wobei die Farbe dies nur äusserlich dokumentiert. Auch wenn die Anglonachkommen in den hinteren Generationen auftreten, so ist ihr Einfluss nicht mehr stark, da er durch die Zufuhr reines englischen Vollblutes ausgestochen wird, wie wir am Beispiel Ramiros sehen. Auch in Westfalen stehen die Anglos nur in Verbindung mit Vollblut gut da.

Zur Zeit sehen sich die Züchter einer massiven Spritze franz. Anglo-Araberblutes gegenüber. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass selbst in ihrem Heimatland diese Anglos zwar geschätzt werden, aber keiner über die Tatsache hinwegsieht, dass alle bedeutenden Hengstlinien und jeder einzelne Starvererber in direkter männlicher Linie auf einen Vollblüter zurückgeht. Nie hat es ein Anglo geschafft eine Hengstlinie zu gründen.

Der Grund liegt sicher nicht in der minderen Qualität der Anglos, sondern vielmehr in der Tatsache, dass die Qualitäten eines guten Vollbluthengstes noch über Generation hinweg Einfluss zeigen, wohingegen der AA-Einfluss oft schon in der F2-Generation verwässert ist. Der Vollblüter ist also erbsicherer als sein Halbbruder, der Anglo.

Auch ist die Verbesserung der Sattellage und des Rückens und die Veredelung des Kopfes durch die Vollblüter besser. So entspricht der Araberkopf z.B. nicht unbedingt den Schönheitsvorstellungen eines Warmblutzüchters. Da gleichzeitig der Anglo vom Charakter und vom Temperament her mehr dem Vollblüter als dem Araber ähnelt, muss die Selektion der Vatertiere in dieser Hinsicht genauso bedingungslos sein.

Man sieht sich also beim AA einigen bald verwässerten Qualitäten, einigen mittleren Qualitäten und allen psychischen Nachteilen gegenüber, wo der Vollblüter alle Vorteile mit allen Nachteilen verbindet.

Die Leistungsvererbung ist auch beim Anglo kaum besser. Bei Vergleichen zwischen den franz. Anglo-Arabern, Trakehnern und Vollblütern finden wir viele unterdurchschnittliche Leistungsvererber, ein sehr starkes Mittelfeld und fast keine Spitze bei den beiden Anglorassen, wohingegen der Vollblüter viele Unterdurchschnitt und ein normales Mittelfeld aufzeigt. Jedoch gibt es zur Zeit in der Selle Françaiszucht einige Vollblüter denen kein Anglo-Araber das Wasser reichen kann. Erschwerend ist, dass es eine ähnliche Situation immer gegeben hat und die Anglo-Araber immer mit herausragenden Vollblütern konkurrieren mussten.

Anglo-Araber haben nur eine Chance, wenn entweder laufend neues AA-Blut zugeführt wird, oder wenn die AA-Vatertiere in ihren Linien Vollblüter führen, die auch in der zu veredelnden Rasse gedeckt haben. Beispiele sind in Deutschland Sir Shostakovich xx, der sowohl in Holstein als auch im Trakehner deckt ; jedoch ist eine Öffnung des Holsteiner Hengstbuches gegenüber dem Trakehner nicht zu erwarten. Zwei Beispiele in Frankreich sind Furioso xx, der einige hervorragende Töchter im AA-Stutbuch hat, und Night and Day xx, der sehr gute Nachkommen in allen drei Zuchtbüchern, Vollblut - SF und AA, hat. In diesem präzisen Fall muss man dann aber von einer Linienzucht auf einen Vollblüter sprechen.

Letzten Endes gibt es kein Patentrezept für die Rassenveredelung. Der Veredler ohne Nachteile existiert nirgendwo und so muss jeder Züchter, jeder Zuchtbuchleiter alleine entscheiden, ob der Zuchtfortschritt durch englische Vollblüter oder durch Araberblut führende Pferde erreicht wird. Beide Konstellation haben ihre Verfechter und ihre Gegner und Gründe für und wieder gibt es jede Menge. Entscheidend ist, ob der Zuchtstutenbesitzer akzeptiert ein Fohlen zu gebären, dass stark vom Vollblut geprägt ist oder mehr oder weniger Arabertyp zeigt.

Schönheit lässt sich nun mal nicht diskutieren !