Fohlenaufzucht

 

© Otmar Beyer de Béhaux

 

Endlich sind wir einmal wieder bei einem Thema, das alle interessiert, auch wenn man nicht selbst betroffen ist. Kaum jemand wird Fohlen nicht süß und schnuckelig finden, je jünger desto mehr. Nur, die wenigsten bedenken dabei, daß Fohlengeburt und Fohlenaufzucht für den Züchter Arbeit und Sorgen und meist auch, besonders in der heutigen Zeit, finanzielle Sorgen mit sich bringen. All dieses beginnt dabei nicht erst mit der Geburt, sondern schon ein Jahr früher mit der Wahl des Hengstes, der die Stute decken soll.

Die Aufzucht des Fohlens hängt natürlich stark von der späteren Nutzung ab und sieht deshalb für die sehr früh genutzten Rassen anders aus als für die normalen Warmblüter, deren Aufzucht hier beschrieben werden soll.

Vom Decken bis zur Geburt

Die Wahl des deckenden Hengstes ist meistens das größte Problem, da einerseits eine Vielzahl von Vererbern zur Verfügung stehen, andererseits sich diese Vererber oft nur in kleinen Details unterscheiden. Er muß sowohl von der Abstammung, als auch vom Modell her zur Stute passen.

Hat man dann eine Wahl getroffen, beginnt der Transport der Stute zur Hengststation. Nach der Deckung beginnt dann das Warten mit der Frage ob die Stute aufgenommen hat. Erst nach ca 3-4 Wochen werden die ersten Trächtigkeitskontrollen vorgenommen. Aber auch bei positivem Ergebnis kann die Stute den Embryo noch abstoßen, da dieser besonders in den ersten drei Monaten noch sehr empfindlich ist. Äußerlich kann man meistens erst im 8. bis 9. Monat sehen, ob die Stute trächtig ist. Gegen Ende des 11. Monats beginnen dann die Vorbereitungen für die Geburt. Die Stute sollte dafür nicht zu fett sein, weniger ist in diesem Fall sogar besser als zuviel.

Die Stute kommt meistens in eine besondere, größere Box, das Futter wird auf eine leicht verdauliche Ernährung umgestellt. Täglich wird nach Anzeichen der sich nahenden Geburt geschaut. Diese kündet sich einige Tage vorher an. Die wichtigsten Anzeichen sind die Wachspropfen am Euter, der auch oft, vom Milchfluß, anschwillt. Besonders bei Erstgebärenden und bei schwierigen Stuten sollte man sich schon vor der Geburt versichern, daß die sie sich am Euter anfaßen läßt.

Der Besitzer der Stute wird auch eine Verhaltensänderung feststellen. Die Stute wird leicht unruhig und baut ein Nest in der Box.

Die Geburt selbst ist schnell und brutal. Vom Platzen der Fruchtblase bis zur Ausstoßung des Fohlens vergehen meist keine zehn Minuten. Beim Abfluß des Fruchtwassers stehen die Stuten noch, dann legen sie sich für die eigentliche Geburt meist hin. Die normale Geburtlage der Fohlen ist zuerst die Vorderbeine, auf denen dann der Kopf liegt. Bei einer normal verlaufenden Geburt braucht der Mensch nicht einzugreifen. Einzige Hilfe nach der Geburt ist, im Falle einer Schwäche der Stute, das Öffnen der Blase um den Kopf des Fohlens freizulegen und so die Atmung zu ermöglichen.

Kurz nach der Geburt stehen die Stuten wieder auf, jedoch ist ein zu frühes Aufstehen zu vermeiden. Beim Aufstehen oder durch kräftige Bewegung der Mutter oder des Kindes reißt die Nabelschnur kurz unter der Bauchdecke durch. Das Fohlen sollte trockengerieben werden, falls die Stute dies nicht selbst tut, da dies eine Aktivierung des Herzschlags und der Atmung bewirkt. Vorallem ist es jedoch der Beweis, daß die Stute (falls sie es selbst tut) ihr Fohlen akzeptiert. Die Nachgeburt, Eihäute und Plazenta, hängen noch aus der Scham der Stute heraus und müßen hochgebunden werden, bis sie von alleine abfallen, was jedoch nach höchstens 3-4 Stunden passiert sein sollte. Danach wird die Stute sorgsam und vorsichtig gereinigt.

Die meisten Geburten verlaufen problemlos, was aber nicht bedeutet, daß der Züchter nicht dabei sein sollte. Komplikationen können auch bei älteren Zuchtstuten, die sonst immer problemlos gefohlt haben auftreten. Die Überwachung sollte so diskret wie möglich sein.

Der erste Monat

Es dauert bis zu 2 Stunden, bis das Fohlen auf den Beinen steht. Es wackelt noch gewaltig, jedoch ist der erste Weg der zur Milchquelle. Diese erste Milch ist ungemein wichtig für das Neugeborene, da es ohne Abwehrstoffe auf die Welt kommt und diese erst mit dem Kolostrum, auch Biestmilch genannt, aufnimmt. Dieses Kolostrum ist regional unterschiedlich, da sich hier die Abwehrstoffe sammeln, gegen welche das Fohlen immun sein soll und die Krankheitserreger sind regional unterschiedlich. Die Zusammensetzung wird durch den Standort der Stute bedingt und diese sollte deshalb in den letzten sechs Wochen vor der Geburt nicht umgestellt werden. Das Kolostrum steht nur in den ersten 36 Stunden nach der Geburt zur Verfügung.

Die Kolostralmilch bereitet gleichzeitig auch den ganzen Verdauungstrakt auf kommende Tätigkeit vor und bewirkt das Abgehen des Darmpechs (die Materien, die sich während der Schwangerschaft im Darm des Fohlens angesammelt haben). Dieses Meconium sollte bis allerspätestens am vierten Tag abgegangen sein.

Der Züchter muß sich vergewissern, daß das Fohlen auch wirklich trinkt, da es manchmal vorkommt, daß Stuten ihr Fohlen verweigern oder das Kleine nur die Zitze im Maul hat ohne die Milch zu schlucken ; erst nach dieser ‘Mahlzeit’ kann er Mutter und Kind alleine laßen.

Die ersten Tage ist das Fohlen noch nicht auf die Mutter geprägt und ist dadurch noch bedeutend selbstständiger als z. B. in der dritten Lebenswoche. Der Mensch sollte diese Phase nutzen, dem Fohlen verständlich zu machen, daß von ihm keine Gefahr droht und er zum täglichen Lebensablauf gehört. Auf diese Art geprägte Fohlen haben einen sehr viel besseren Kontakt zum Menschen, was sich später, bei der Gewöhnung an die unvermeidlichen Ereignisse eines Pferdelebens - erstes Halftern, Führen am Strick, tierärztliche Manipulationen, Hängerfahren, Einreiten - als sehr erleichternd herausstellen wird. Die Prägung erfolgt jedoch innerhalb der ersten Lebenstage. Aber auch der Stute muß klargemacht werden, daß der Mensch ihrem Sprößling nichts Böses will ; dies um einer Abwehrreaktion der Mutter vorzubeugen.

Fast einen halben Monat lang ist die Muttermilch die einzige Ernährung des Fohlens. In der zweiten Woche fängt es dann aber auch schon an Heu oder Gras zu schnippen. Einige Tag später erwacht dann auch das Interesse an der Futterkrippe der Mutter. Sollte diese hoch angebracht sein, so erweist sich eine Fohlenkrippe als sehr vorteilhaft, da diese Haltungsschäden des Fohlens vorbeugt. Der Mutter wird das Fressen in der Fohlenkrippe durch die Barren, welche die Öffnung schützen und deren Weite verstellbar ist, unmöglich gemacht.

Fohlen und Mutter dürfen nur mit Futter allerbester Qualität versorgt werden. Angebracht sind Hafer plus Vitamine oder Pellets für Fohlenaufzucht und natürlich Heu. Die Stute sollte gleichzeitig auch Möhren erhalten. Die Häufigkeit der Rationen hängt natürlich vom Stall, bzw vom Besitzer ab. Kleine Mengen in fünf oder sechs Rationen über den Tag verteilt sind jedoch die beste Lösung.

Der Weidegang ist von den ersten Lebenstagen an notwendig, jedoch vom Wetter abhängig. Die Fohlen sind noch zu empfindlich um bei Regen, bzw für die sehr früh geborenen, bei Schneefall und naßer Kälte auf der Weide zu bleiben. Der Weidegang sollte schon am dritten oder vierten Tag, jedoch nur stundenweise, beginnen. Die Dauer wird dann, immer noch vom Wetter abhängig, langsam aber stetig erhöht. Besondere Beachtung muß dabei der Zeit gelten, in welcher die Stute zum ersten Mal wieder rossig wird, die Fohlenrosse, da diese direkte Auswirkungen auf das Fohlen zeigt und Durchfall auftreten kann. Nachts kommen Mutter und Kind in die Box oder werden in einer Hütte aufgestallt.

Im ersten Monat finden dann auch die ersten Impfungen und eine Entwurmung statt.

Fohlen und Mutter sollten im ersten Monat immer unter Aufsicht, einmal täglich wenigstens, stehen.

Die weitere Aufzucht

Die weiteren Monate folgen und ähneln sich. Der Weidegang wird ausgedehnt und sollte sich, bei idealen Wetterverhältnissen am Ende des zweiten Lebensmonats, über den ganzen Tag erstrecken.

Die Stallung sollte möglichst kalt, aber ohne Zugluft sein und viel Lichteintritt ermöglichen. Die Luftzirkulation darf aber nicht unterbunden werden, da gerade für die noch oft liegenden Fohlen eine saubere Luft extrem wichtig ist. Die Gase der Exkremente dürfen also nicht im unteren Teil einer Boxen stehenbleiben, sondern müßen nach außen evakuiert werden.

Das Zusammenleben mit anderen Stuten und deren Fohlen kann ein positives Sozialverhalten nur fördern.

Der Mensch muß als täglich Kontaktperson akzeptiert, aber auch respektiert werden. Und nichts ist weniger respektierlich als ein junges Fohlen. Es kneift mit den Lippen, zwickt mit den ersten Zähnen und die ganz unverschämten versuchen auch schon mal zu beißen oder mit der Hinterhand zu schlagen. Solches Verhalten muß sanft aber bestimmt unterbunden werden.

Das Zusammenleben mit den anderen Tierrassen ist meistens problemlos, jedoch sollten die ‘Jäger’ unter den Tierarten, und dies gilt besonders für Hunde, nur unter Aufsicht an Mutterstuten und Fohlen herangelassen werden, auch wenn sie sich gut kennen.

Das Fohlen sollte schon im zweiten Monat einige Sachen gelernt haben, von denen Halfteranlegen, Putzen und Am-Strick-führen nur das notwendige Minimum darstellen.

Aufregungen hat dieses noch kurze Leben schon genug gebracht, besonders wenn man so neugierig ist wie Fohlen. Alles Neue wird untersucht, zuerst aus weiter Ferne, dann aber, falls kein Mißtrauen geweckt worden ist, auch aus der Nâhe. Die Spiele mit der Mutter oder den kleinen Kamaraden werden ausgedehnter und wilder, jedoch bleibt Mami der Angelpunkt und man entfernt sich nicht, noch nicht, unnötig weit von ihr.

Das Futter, bzw die Menge des Futters, muß dem Wachstum des Fohlens angepaßt werden, dabei muß man natürlich der Tatsache, daß der Milchfluß ab dem dritten Monat zurückgeht, Rechnung tragen. Es darf, genau wie im ersten Monat nur bester Qualität sein. Je energiereicher es ist, desto besser, ohne jedoch zu einer Verfettung zu führen, nichts ist schlimmer für den noch empfindlichen Knochenbau eines Fohlens als zuviel Masse herumzuschleppen. Auch hier ist ein Fohlen, das etwas zu wenig Masse hat besser als jenes, das stark übergewichtig ist. Die Häufigkeit kann auf drei Mahlzeiten heruntergesetzt werden, wobei die Hauptmahlzeit bei der Nachtaufstallung verabreicht werden soll.

Weitere Aufregung bringen die ersten Trennungen von der Mutter. Diese wird schon relativ frühzeitig, wenn auch nur kurzfristig, vom Fohlen getrennt. Die Gründe sind vielfältig, auch wenn in unserer Zeit die Pferde nur noch selten zur Arbeit im eigentlichen Sinne des Wortes herangezogen werden. Die häufigsten Gründe sind die erneute Deckung der Stute und deren wiederbeginnende Verwendung als Reitpferd. Die Fohlen sind beim ersten Alleinbleiben aufgeregt, wiehern zum Steinerweichen und versuchen sogar die Absperrungen zu überspringen. Darum gehört ein Fohlen ohne Mutter in eine verschließbare Box. Die Trennungen sollten möglichst erst im zweiten Monat beginnen und zuerst auf eine Stunde befristet sein.

Die Fohlenbeurteilung ist ein besonders kritisches, und oft für den Eigentümer auch schmerzliches, Kapitel. Sie sind jedoch die Basis der Zucht, da der Züchter, von diesen Kenntnissen ausgehend, die gleiche Anpaarung wiederholt oder einen anderen Hengst wählt. Beurteilen kann man fast nur die Bewegungen und den Typ des Fohlens, da alle anderen körperlichen Voraussetzungen einer zu großen Veränderlichkeit unterliegen, um als Basis eines definitiven Urteils dienen zu können. Je früher diese Beurteilung vorgenommen wird, desto besser, da in den folgenden Wochen die Beurteilung durch die Wachstumsschübe fast unmöglich gemacht wird.

Alles was von Geburt bis zur Entwöhnung sanft angelernt wurde bleibt dem Pferd ein lebenlang eine positive Erinnerung. In dieser Zeit ‘macht’ der Züchter seine Fohlen.

Die Entwöhnung

Die Entwöhnung ist der erste schmerzlich Akt in einem normalen Fohlenleben. Besondere Beachtung muß man dabei der Futteraufnahme schenken : eine normale, quantitativ ausreichende Aufnahme ist die grundlegende Voraussetzung für die Entwöhnung. Der Zeitpunkt hängt dabei von sehr vielen Voraussetzungen, einigen subjektiven Gründen und der Verwendung des Fohlens und der Stute ab. Man kann aber zwei Tendenzen ausmachen : ein frühe Absetzung im Alter von vier bis sechs Monaten oder die späte Entwöhnung, meist vor dem Winter. Zur Entwöhnung gibt es zwei Methoden : die progressive und die schlagartige.

Die progressive Entwöhnung erstreckt sich über mehrere Tage. Mutter und Kind sind tagsüber zusammen, werden jedoch nachts getrennt. Die Tagesweide sollte dafür recht arm sein und das gleichzeitige Absetzen von mehreren Fohlen ist auch vorteilhaft. Da die Fohlen tagsüber weniger an der Mutter saugen als nachts, da sie zu sehr anderweitig beschäftigt sind, tritt so automatisch eine immer größer werdende Autonomie des Fohlens ein. Der Stall des Fohlens für die Entwöhnung muß solide gebaut sein um jedes Ausbrechen des Fohlens zu verhindern ; die Einstreu sollte etwas dicker als normal sein um Verletzungen zu vermeiden. Stute und Fohlen sollten soweit auseinanderstehen, daß sie sich weder hören noch sehen können.

Die schlagartige Entwöhnung bedingt das Trennen von Mutter und Kind an einem, vorher bestimmten Tag. Sie sollten soweit wie möglich von einander untergebracht sein um jeden visuellen oder auditiven Kontakt zu unterbinden. Werden mehrere Fohlen entwöhnt, so kann man sie zu zweit aufstallen ; sie müßen dann jedoch unter Beobachtung bleiben, zumindest die erste Zeit und auf jeden Fall während der Futteraufnahme, um jede ausufernde Agressivität zu vermeiden.

Nach der Trennung von Stute und Fohlen muß das Euter sorgsam gereinigt werden. Eine kleinere Futterration und eine Begrenzung der Wasseraufnahme haben sich ebenfalls alls hilfreich erwiesen. Das Euter muß mit Salben behandelt werden, die die Milch versiegen laßen. Diese Behandlung muß sanft erfolgen, da das Euter relativ hart und sehr schmerzempfindlich ist.

Vom Entwöhnen bis zum Einreiten

Mit der Entwöhnung hört für das junge Pferd die Kindheit auf. Es muß jetzt absolut ohne die Mutter auskommen und kann sich nur auf sich selbst und die Herde verlassen.

Zwei Bedingungen sind dabei die Basis für eine gelungene Aufzucht, fehlt auch nur eine, so entstehen irreparable Schäden, die aber erst das ausgewachsene Pferd zu spüren bekommt : die Bewegungsmöglichkeiten und die Ernährung. An der Aufzucht eines Fohlens scheiden sich die Aufzüchter von den Pferdehaltern und hier wird die Basis für das zukünftige Vermögen gelegt.

Das entwöhnte junge Pferd sollte so schnell wie möglich in eine seinem Alter entsprechende Herde eingegliedert werden. Dabei sollte die körperliche Entwicklung des Fohlens die entscheidende Rolle spielen, da große Entwicklungsunterschiede innerhalb der Herde zu vermeiden sind. Die Fohlen sollten noch vor dem ersten Winter nach Geschlechtern geteilt und die zur Kastration vorgesehenen Männchen recht früh gelegt werden, spätestens mit einem Jahr, damit sich erst gar kein Hengstverhalten entwickeln kann ; Stuten und Wallache können zusammenbleiben. Ohne eine Herde wird das Fohlen sich nie zu einem Lebewesen mit Sozialverhalten entwickeln und bleibende Schäden werden vorprogrammiert. Herden sollten immer aus geraden Zahlen bestehen, damit jedes Fohlen einen Partner findet.

Es darf aber nicht aus den Augen verloren werden, daß jede Herde eine Hierarchie besitzt und jeder Neuankömmling sich darin eingliedern muß. Hier muß der Mensch ausgleichend eingreifen, da vorallem die Fütterung ohne diesen Ausgleich zum Problem für die Jüngsten und Schwächsten wird. Bei der Fütterung sollten die Fohlen also angebunden werden, damit jedes nur seine Ration frißt und nicht auch diejenige der Rangtieferen. Die Hierarchie wird dadurch respektiert, daß bei der Futterverteilung die Ranghöheren zuerst bedient werden.

Dem Futter muß auch hier höchste Beachtung geschenkt werden. Es muß nicht nur bester Qualität sein, sondern auch den Bedürfnissen der einzelnen Tiere entsprechen. Eine individuelle Ausgleichung durch Zusatz von Vitaminen und Mineralien erweist sich meist als unabdinglich. Auch die Menge sollte möglichst individuell gehandhabt werden. Zu empfehlen sind dabei die im Handel erhältlichen Fohlenaufzuchtsfutter, die die normalen Bedürfnisse voll Abdecken. Hafer alleine ist auf keinen Fall ein Aufzuchtsfutter. Die Gesamtfuttermenge darf dabei natürlich nicht in einer Ration gereicht werden, zwei, morgens und abends, sind ein vertretbares Minimum. Rauhfutter sollte in ausreichender Menge zur freien Verfügung stehen. Es ist nicht nötig, das ganze Jahr über zu zufüttern (wenn der spätere Verwendungszweck dies erlaubt) ; die Komplementierungsperiode wird dabei durch die klimatischen Verhältnisse bedingt, geht jedoch meist von Oktober bis April.

Der Weidegang ist gerade in diesem Stadium des Wachstums essentiel, weniger jedoch aus Weidegründen, als vielmehr um den Fohlen ausreichend Bewegungsmöglichkeiten zu bieten. Deshalb ist eine Robusthaltung auch junger Pferde und Absetzer nicht abzulehnen, vorausgesetzt natürlich, daß die vorhergenannten Futterbedingungen eingehalten werden und das Schutzhütten auf der Weide vorhanden sind. Auch junge Pferde werden sich nur unterstellen, wenn die drei Komponenten, Regen, Wind, Kälte, zusammentreffen. Diese Robusthaltung soll aber nicht heißen, daß die Pferde sich selbst überlassen sind (Sommerperiode ohne Zufütterung). Eine fast tägliche Kontrolle sollte die Regel sein, vorallem zur Überwachung, jedoch auch damit der Kontakt zum Menschen nicht vollkommen verloren geht und die Fohlen sich noch für die nötigen mediz. und sanitär-hyghienischen Interventionen manipulieren lassen.

Sollten die Jungpferde im Winter aufgestallt werden, so kann man nicht schlagartig vom 24-Stunden-Weidegang auf ganztägige Stallhaltung umstellen, vielmehr sollte der Weidegang in der letzten Zeit schon auf den Tag beschränkt werden. Analog gilt das gleiche beim Übergang von der Winterhaltung auf die reine Weidehaltung. Den Pferden sollte die Kraftfutterration stark gekürzt werden, falls der spätere Nutzungszweck diesem nicht entgegensteht, wie es bei Pferden der Fall ist, die sehr früh und sehr intensiv genutzt werden sollen, wie z. B. bei Rennpferden und Hengstanwärtern.

Um den Bewegungsmöglichkeiten genügezutun sollten die Koppeln nicht quadratisch, sondern langgezogen sein um auch lange Galoppaden zu ermöglichen.

Wenn auch die Bewegungsmöglichkeiten den wichtigsten Grund für einen langen Weidegang darstellen, so darf die Qualität der Weide nicht außer Acht gelassen werden. Für den Skelettaufbau haben sich Weiden auf Kalkböden als hervorragend erwiesen. Auf anderen Böden hat sich die Versetzung des Trinkwassers mit Kalk als Alternative angeboten. Auf keinen Fall darf die Weide sumpfig sein, von starken Regenfällen einmal abgesehen ; je härter der Boden ist desto besser. Steinige Böden sind jedoch auf keinen Fall Aufzuchtsweiden. Gute, kräftige und gesunde Pferde können nur auf Weiden wachsen, die sich in einem hervorragenden Kultur- und Düngezustand befinden. Die entsprechenden Arbeiten sind im auslaufenden Winter und im Frühjahr vorzunehmen. Der Weidepflege kommt also auch große Bedeutung zu, zumal Fohlen und junge Pferde durch eine Verwurmung in ihrer Entwicklung stark zurückgeworfen werden können. Dies könnte dann auch durch die beste Beifütterung nicht wettgemacht werden.

Vergessen darf man auch nicht, daß der Geschlechtstrieb der Junghengste mit ca 18-20 Monaten erwacht. Man sollte also die entsprechenden Vorbereitungen treffen, besonders was die Einzäunung betrifft.

Meine Meinung : eine späte Entwöhnung

Im allgemeinen entwöhne ich meine Fohlen recht spät und bin absolut gegen eine Entwöhnung vor dem sechsten Monat. Natürlich gelten Ausnahmen für diese Regel, die jedoch vom Züchter beeinflußt werden, wie z. B. die neue Deckung der Stute, der Zeitpunkt der Belegung, etc.

Im Idealfall laße ich meine Stuten nie in der Fohlenroße neubelegen, sondern warte die zweite, manchmal auch die dritte Rosse ab. Der beste Zeitpunkt der Belegung ist das späte Frühjahr. Am besten geeignet finde ich den April, da dann das Fohlen im März geboren wird, beim Neuaustrieb der Weiden, und ca 8 Monate alt ist bei der Winteraufstallung, die ich im November vornehme. Natürlich tritt, bei einer Neubelegung erst in der dritten Rosse, eine ständige Verschiebung des Deckdatums ein, die ich meistens ausgleiche indem die Stute in einem Jahr nicht oder in der zweiten Rosse belegt wird.

Wie gesagt entwöhne ich im Idealfall vor der Winteraufstallung ; das Fohlen ist dann ca 8 Monate alt. Durch das längere Zusammensein von Mutter und Kind kann das Sozialverhalten des Fohlens nur gestärkt werden und es wird meines Erachtens auch mehr durch die Mutter und deren Verhalten geprägt. Die körperliche Entwicklung geht gleichmäßiger voran und erlebt keine Unterbrechung, wie sonst oft der Fall ist. Natürlich wird auch das Fohlen, mit speziellem Futter, beigefüttert, wodurch ich die Wachstumsunterbrechung vermeide. Weiterhin ist die natürliche Vorausetzung, eine quantitav genügend große Futteraufnahme mit acht Monaten gegeben, bei der Entwöhnung erfolgt dann eine Beimischung um den Muttermilchausfall zu kompensieren. Bei früher Entwöhnung wird das Fohlen oft gezwungen die fehlende Muttermilch durch Mehraufnahme auszugleichen.

Auch der Umgang mit Menschen wird durch die späte Entwöhnung günstig beeinflußt, da ein bei der Mutter lebendes Fohlen leichter ansprechbar ist als der entwöhnte Wildling, der mit seinen Altersgenossen über die Wiese tobt und sehr viel rüpelhafter ist.

Da ich meine Stuten aber auch als Reitpferde verwende, kennen die Fohlen schon eine, wenn auch nur kurzfristige Trennung von der Mutter. Die ganze Entwöhnung wird sehr viel sanfter, da ich gleichzeitig auch nicht schlagartig, sondern progressiv, meistens über eine Woche, entwöhne. Die Stute ist dann oft schon neubelegt und im sechsten oder siebten Monat der Trächtigkeit. Die starke Entwicklung des neuen Embryo hat also noch nicht begonnen. Gleichzeitig kann die Stute zusammen mit ihrem Fohlen dann noch vom letzten Wachstumsschub der Weiden, die im September liegt, profitieren. Solange die Stute laktiert, wird sie mit Hochenergiefutter komplementiert. Trotzallem ist die Stute bei dieser Aufzuchtsweise natürlich gehandicapt gegenüber kurzlaktierenden Stuten und dem Allgemeinzustand muß große Beachtung geschenkt werden.

Sollte es wirklich einmal vorkommen, daß ich sehr spät geborene Fohlen habe (August), so entwöhne ich erst im Frühjahr, wenn die Stute neubelegt wird. Bei sehr früh geborenen Fohlen (Januar/Februar) wird die Deckung in den April verschoben und das Fohlen normal, also vor dem Winter, enwöhnt.

Zusammenfaßend sind für mich die wichtigsten Punkte die normale, kontinuierliche Entwicklung des Fohlens ohne Unterbrechung, eine, der Natur angelehnte Saugdauer (wild lebende Stuten entwöhnen auch erst vor dem Winter), ein von der Mutter geprägtes Sozialverhalten, eine sanfte Entwöhnung.

Mit diesen Voraussetzungen habe ich nie Probleme bei meinen Fohlen gekannt und eine frühe Nutzung ist nie durch einen Mangel in der körperlichen Entwicklung verhindert worden.