Der Deckungszeitpunkt

 

© Otmar Beyer de Béhaux

 

Der Zeitpunkt der Deckung sollte eine der Hauptsorgen jedes Züchters sein, da von ihm direkt der Geburtstermin abhängt. Die Geburt sollte in die Monate fallen, die nicht mehr kalt und naß sind, da Saugfohlen noch sehr empfindlich gegen naße Kälte sind und auch das ihnen angeborene dickere Fell nicht genug Schutz bietet. Eine alte Züchterweisheit behauptet zwar, das Winterfohlen widerstandsfähiger sind als Sommerfohlen, sieht man sich dann aber die Mehrarbeit an, die diese Fohlen erfordern, versteht man besser die künstlich gewählten Eckdaten der Decksaison : Mitte Februar bis Mitte August, mit kleinen regionalen Unterschieden.

Die Decksaison ist direkt abhängig vom Reproduktionszyklus der Stute. Normalerweise setzt die Roße der Stuten im Winter nämlich aus um erst mit der Verlängerung des Tageslichtes neu einzusetzen. Die bemerkbare Verlängerung der Tage setzt im Februar ein und die Decksaison trägt diesem Rechnung. Es ist natürlich möglich auf künstliche oder medikamentöse Weise eine Roße herbeizuführen. Die künstliche Herbeiführung wird durch automatisches Einschalten des Lichtes im Stall erreicht, die medikamentöse durch Hormonspritzen.

Die ersten Fohlen eines Jahrgangs werden also im Januar geboren, da die Trächtigkeitsdauer bei Pferden 330 Tage beträgt. Dies ist jedoch nur ein Anhaltspunkt, da die Gestationsdauer von Stute zu Stute anders ist und auch die Hengste hierauf Einfluß ausüben. Aber auch die mittlere Trächtigkeitsdauer kann sich in einem bestimmten Jahr verlängern, ohne das man genaue Gründe dafür angeben könnte. Man kann also sogar mit einer Gestationsdauer von zwölf Monaten rechnen.

Auch das Geschlecht des zu gebärenden Fohlens spielt eine, wenn auch nur kleine, Rolle : statistisch gesehen ist die Tragzeit eines Hengstohlens knapp zwei bis drei Tage länger als die eines Stutfohlens.

Das letzte wichtige Kriterium ist die Wachstumsperiode des Grases. Im Idealfall fällt die Geburt der Grasfreßer kurz vor dem Einsetzen des Neuwuchses. So finden die Mutterstuten genügend Nahrung um die Milchproduktion zu gewährleisten. Darüberhinaus ist das erste Gras auch eines der gehaltsreichsten, da in ihm konzentriert fast alle Vitamine und Mineralien enthalten sind, die auch dem Fohlen zugeführt werden müßen. Da aber auch die Fohlen schon mit etwa zwei bis drei Wochen beginnen an den Grashalmen zu zupfen, bedeutet dieses gehaltsreiche Grün gleichzeitig eine schnelle Erleichterung der Stute, da die Fohlen zur Abdeckung ihrer Wachstumsbedürfnisse nicht mehr allein auf die Muttermilch angewiesen sind.

Das erste, wenn auch noch spärliche Gras fängt im März an zu sprießen. Dies ist jedoch vom Klima abhängig. Im allgemeinen sind die Küstengebiete und, in Europa, die westlichen Regionen bevorzugt. Bei strengen Winter kann der Graswuchs auch erst gegen Ende März oder Anfang April einsetzen. Über dieses Neueinsetzen der Wachstumsperiode hinaus spielt auch das Bewegungsbedürfnis der Fohlen eine Rolle. Und Jungfohlen darf man nicht in naßer Kälte stehen lassen, was unweigerlich der Fall wäre wenn sie sich ausgetobt haben.

Alle diese Voraussetzungen sollte der Züchter beachten und bei der Wahl des Decktermines berücksichtigen.

Diesen natürlichen Voraussetzungen stehen die organisatorischen Zwänge jeder Zuchtorganisation entgegen. Die Fohlenprämierungen finden normalerweise in den Sommermonaten statt. Und es kann nicht im Interesse des Züchters liegen ein zu junges Fohlen hier vorzustellen. Er muß also abwägen zwischen diesen Zwängen um den goldenen Mittelweg zu finden.

Die Lösung dieses Problems ist eine Deckung zwischen Ende April und Ende Mai. In diesen Fällen muß, geht man von den Standardwerten der Tragzeit aus, mit einem Geburtstermin zwischen Ende März und Anfang Mai gerechnet werden. Die Tage sind dann schon recht sonnig und manchmal sogar schon warm und der Graswuchs ist kräftig fortgeschritten. Das Fohlen wäre dann auch für die Prämierung knapp drei bis vier Monate alt.

Es bleibt natürlich dahingestellt in wie weit alle diese Betrachtung, die eine eventuelle Beifütterung nicht berücksichtigen, in unserer Zeit noch von Belang sind, da fast alle Pferde komplementiert, d.h. zugefüttert, werden. Die Qualität der Zufutter ist dabei so hervorragend, daß diese alleine alle Nahrungsbedürfnisse der Stute und des Fohlens abdecken.

Eine natürlichere Aufzucht ermöglicht ein Decktermin im späten Frühjahr auf jeden Fall !